Die letzten vier Wochen verbrachte ich in der Sonnenstube der Schweiz, um an meiner Form zu feilen. Ich absolvierte viele gute Trainings, was mich sehr zuversichtlich auf den bevorstehenden Marathon in Valencia stimmte. Zwei Wochen vor dem Wettkampf wusste ich, ich bin in der Form meines Lebens. Nach einem richtig harzigen Sommer war ich sehr froh, dass ich das nun behaupten konnte. Kurz danach holte mich aber eine starke Erkältung ein, die ich bis zum Wettkampf nicht vollständig wegbekam. Ich entschied mich jedoch trotzdem für einen Start in Valencia und so schnürte ich um 8.14 Uhr das letzte Mal meine Schuhe und los gings. Trotz Erkältung wollte ich mein Ziel aber nicht anpassen. Die einzige Option war «All in» zu gehen und eine Zeit von 2h11-2h12 anzupeilen.
Tausende von Leuten waren am Streckenrand und ich durfte mit den schnellsten der Welt mitrennen. Das ist einer von vielen Momenten, warum ich diesen Sport so liebe. Voller Adrenalin rollten die ersten drei Kilometer ziemlich gut und ich ordnete mich in der Gruppe ein. Das Tempo war hoch und ich merkte, wie einige andere Läufer auch, dass wir in der zu schnellen Gruppe auf 2:08 unterwegs waren. So nahm ich etwas Tempo raus und war dann ab dem fünften Kilometer in der richtigen Gruppe auf Endzeit 2:11:30 unterwegs. Schnell merkte ich, dass ich noch nicht hundertprozentig fit war und es bereits ab Kilometer 10 richtig anstrengend wurde und ich am Anschlag lief. Ich wusste, dass ich den Marathon Schritt für Schritt nehmen muss und ihn nicht als Ganzes zu sehen, sondern eben in vielen Teiletappen. So schaffte ich es mental diese erste Krise zu überstehen und es rollte ab dem Halbmarathon wieder. Dieser Film war dann leider bei Kilometer 30 wieder vorbei und meine Oberschenkel begannen zu krampfen. Im Nachhinein war dies wahrscheinlich, weil ich schon sehr früh an der Schwelle lief und die Muskulatur zu wenig Sauerstoff bekam.
Bei Kilometer 32 war es dann so, dass sich unsere Gruppe splittete. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Chance mit den schnelleren mitzugehen und musste abreissen lassen. Der Marathon kam in die Endphase und ich freute mich auf die letzten Kilometer, weil die eigentlich in Valencia super schnell sind. Doch ich konnte einfach nicht pushen, weil meine Beine es nicht zu liessen. Somit lief ich so schnell wie es meine Muskulatur eben zu liess. In meinem Kopf war die ganze Zeit die Kaderlimite von den 2:12:30 und ich wusste nun musst du ziemlich Gutzi geben. Ich pushte alles zu diesem Zeitpunkt Mögliche aus mir heraus. Im Ziel hatte ich dann eine Endzeit von 2:12:58. Eine neue persönliche Bestzeit, ein Thurgauer Rekord und eben doch auch eine Enttäuschung. Ich bin nun aber richtig motiviert, um im nächsten Frühling zu zeigen was ich drauf habe.
Es ist leider nicht ganz alles aufgegangen und es sollte nicht sein mit einem richtigen Top-Resultat. Ich freue mich aber doch etwas über die neue PB und bin stolz auf meine Leistung am gestrigen Tag. Ich habe viel riskiert und richtig hart gekämpft. Ich habe alles herausgeholt, was mein Körper an diesem Tag hergab. Ich weiss nun das ich es schaffe einen schnellen Marathon zu laufen, auch wenn es schon ab Kilometer 10 harzig läuft und richtig lange schwierig bleibt.
Dieses Resultat gibt mir wichtige Punkte im World Ranking im Hinblick auf die Europameisterschaften 2024 in Rom, bei welchen ein Halbmarathon gelaufen wird. Für Olympia wird dieses Resultat sicher zu wenig Punkte geben und ich muss mindestens eine Zeit von 2:11:30 vorweisen können, um überhaupt eine Chance zu haben. Weiter muss ich im nächsten Frühling die Zeit von 2:12:30 unterbieten, um dann wieder ins Nationalkader zu kommen. Ja, die Zeiten haben sich geändert und es ist sehr viel schwieriger geworden, um Teil des Kaders und der Europäischen Marathon Elite zu sein. Ein kleiner Vergleich: 2017 war die Kaderlimite bei 2:16:30, im 2022 2:14:30 und im 2023 nun 2:12:30.
An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen, welche mich auf meinem Weg in irgendeiner Art begleiten. Das bedeutet mir sehr sehr viel! Ich bin sehr motiviert weiterzumachen, viel und harte Arbeit zu investieren und bin überzeugt, dass sich dies irgendwann auszahlen wird. Ich freue mich auf die nächsten Wettkämpfe!